Das war das Jahr, das war: 2014

Schon wie­der ist ein Jahr um. Nun hat es sich so ein­ge­bür­gert, dass „alle Welt“ dies zum Anlass nimmt, um kurz so zu tun als hiel­te man inne und blick­te zurück, um danach genau­so wei­ter­zu­ma­chen wie zuvor. Inso­fern muss ich mich selbst zitie­ren: Jah­res­rück­bli­cke sind eigent­lich per defi­ni­tio­nem doof.

Um aus dem Irr­sinn aber etwas Sinn zu geben, habe ich beschlos­sen, nicht ein­fach zurück­zu­bli­cken, son­dern auch Kon­se­quen­zen zu zie­hen – zumin­dest ist das mein Plan. Wie 2015 wird, kann ich also nicht sagen. Wie der Jah­res­rück­blick wird, weiß ich aber recht gut … (… sag­te er, bevor er tat­säch­lich schrieb, was Ihr nun lesen könnt).

Ich habe also den Rück­blick von 2013 (sie­he auch: 2012) wie­der aus der Gara­ge geholt, ihn gerei­nigt und gefet­tet und die alten Ant­wor­ten durch neue ersetzt. Wo ich schon ein­mal dabei war, ent­schied ich mich für eine klei­ne Modi­fi­ka­ti­on und rück­te ihn mit ein paar ande­ren Fra­gen ein wenig näher an mei­ne ursprüng­li­che Inspi­ra­ti­on: den Jah­res­rück­blick von Anke Grö­ner. Und Abfahrt! 

Mehr Koh­le oder weni­ger? Wollt ihr mehr haben? Dann fahrt an die Nord­see. Soviel dazu.

Mehr aus­ge­ge­ben oder weni­ger? Ist es geist­reich, mehr aus­zu­ge­ben, wenn man weni­ger hat? Nein. Geist hin, Geist her, irgend­wer muss ja die Wirt­schaft ankur­beln. Außer­dem gab es da einen Umzug samt Neu­ein­rich­tung (nicht schön, aber nötig) und zwei Tage Dis­ney­land (nicht nötig, aber schön).

Mehr bewegt oder weni­ger? Mehr. Ver­mut­lich war es mehr, aber da ich das nicht tra­cke, kann ich mich nur auf mein Gefühl ver­las­sen, und das spricht von der einen oder ande­ren Cri­ti­cal Mass, vom Stadt­ra­deln und der einen oder ande­ren Rad­tour zur Ver­wandt­schaft im Saarland.

Der schöns­te Moment? Weih­nach­ten in Greet­siel, nicht nur mit der adop­tier­ten Hob­bit­fa­mi­lie, son­dern auch mit dem Kerl. Was alles mög­lich ist, wenn alle wol­len … Wow!

Das ein­drück­lichs­te beruf­li­che Erleb­nis? Jeman­dem wie mir, der in einem Job mit sehr vie­len sehr kri­ti­schen Stich­ta­gen (neu­deutsch ja ger­ne auch „Dead­lines“ gehei­ßen) arbei­tet, blei­ben gewis­se Daten doch in Erin­ne­rung. Für mich war es in die­sem Jahr der 24. März, denn er mar­kiert das Datum, an wel­chem wir die ers­ten fer­tig gedruck­ten und gebun­de­nen Exem­pla­re des Weiß­buch Lun­ge 2014 in den Hän­den hal­ten und direkt zum Kon­gress der Pneu­mo­lo­gen ver­sen­den konn­ten. Damit war es auch der Tag, an dem zwei sehr stres­si­ge Mona­te ihr Ende fan­den, denn den Auf­trag zur Erstel­lung die­ses Buches hat­ten wir ers­te Ende Janu­ar erhal­ten. Was in den zwei Mona­ten gelang, war beacht­lich: Wir ent­war­fen ein Design für das Buch und leg­ten Schrif­ten und Abbil­dungs­sti­le fest, wir über­nah­men den Text, küm­mer­ten uns um das Lek­to­rat, gestal­te­ten Abbil­dun­gen und sorg­ten schließ­lich für den Druck und die Bin­dung – und das alles wirk­lich in nur zwei Mona­ten. Am Ende waren es 170 inter­es­san­te Sei­ten, über 60 Abbil­dun­gen und eine Punkt­lan­dung. Dass ich dabei mit mei­nem Gestal­tungs­ent­wurf über­zeu­gen konn­te, ent­schä­dig­te für alle Mühen. Was will man mehr?

Der hirn­ris­sigs­te Plan? War es wirk­lich hirn­ris­sig oder doch nur eine Ver­zweif­lungs­tat, auf die Nomi­nie­rung zur Ice Bucket Chall­enge mit #bak­ing­forho­pe zu reagie­ren? Für letz­te­res spricht eini­ges, vor allem mei­ne per­sön­li­che Situa­ti­on zum Zeit­punkt der Nomi­nie­rung. Für ers­te­res spricht aller­dings eben­so­viel, nicht zuletzt mei­ne Scheu, auf frem­de Men­schen zuzu­ge­hen, zumal ich die­ses Mal ja auch noch die­se Men­schen von einer guten Tat über­zeu­gen woll­te. Aber das trifft es nicht schlecht: Statt sich einen Eimer Eis­was­ser über den Kopf zu schüt­ten, ein hal­bes Jahr lang Bie­nen­stich zu backen und damit um Spen­den zu wer­ben, das ist hirn­ris­sig. Ich möch­te es den­noch nicht missen.

Die gefähr­lichs­te Unter­neh­mung? Ist die Teil­nah­me an einem von Ado­be orga­ni­sier­ten Influen­cer-Event gefähr­lich? Eigent­lich nicht. Wenn man aller­dings als letz­te Amts­hand­lung vorm Schla­fen­ge­hen vor der Abrei­se aus­pro­biert, wie weit man ein mit einer Per­son beleg­tes Bett aus dem Stand tre­ten kann – zwan­zig Zen­ti­me­ter, falls es wem hilft –, dann kann man die Ado­be Crea­ti­ve Jam schon gefähr­lich nen­nen. Das Ende vom Lied: nächt­li­cher Aus­flug in die Not­auf­nah­me, noch nächt­li­che­res Tele­fo­nat mit der Apo­the­ke im Ber­li­ner Haupt­bahn­hof, Hum­peln durch den Ber­li­ner Haupt­bahn­hof zu den Krü­cken und dann immer nur wäh­rend der gan­zen Ver­an­stal­tung auf Krü­cken. Am Ende wuss­te ich um eini­ge Stel­len mehr, an denen es wohl Mus­keln hat, und war um eine Tro­phäe rei­cher. Außer Gefecht gesetzt war ich aber trotzdem.

Der bes­te Sex? Jou.

Die teu­ers­te Anschaf­fung? Eine zwei­tä­gi­ger Aus­flug nach Mar­ne-la-Val­lée, um dort über­le­bens­gro­ße Zei­chen­trick­fi­gu­ren zu bewun­dern und stun­den­lang vor Fahr­ge­schäf­ten anzu­ste­hen (ande­re nen­nen die­ses Elend „Dis­ney­land“). Am teu­ers­ten wog an die­sem Unter­fan­gen aber etwas ganz ande­res. Aber das war auch viel wertvoller.

Das leckers­te Essen? Eigent­lich esse ich ja nur lecker, aber wenn ich etwas her­vor­he­ben müss­te, dann Bie­nen­stich. Den gab es aus Grün­den im abge­lau­fe­nen Jahr so oft, dass ich ihn inzwi­schen eigent­lich im Schlaf kön­nen soll­te, hät­te ich nicht stän­dig mit dem Rezept expe­ri­men­tiert. Ein Gutes hat das aber auch: Ich habe nun ein wun­der­ba­res nicht-vega­nes und ein eben­so tol­les vega­nes Rezept erar­bei­tet, und damit 130 Euro an Spen­den sam­meln können.

Das beein­dru­ckends­te Buch? Deutsch­land vege­ta­risch. Es ist ein Koch­buch. Es ist ein schö­nes Buch. Es hat unzäh­li­ge tol­le, boden­stän­di­ge, fein­sin­ni­ge und sonst­wie auf­re­gen­de Rezep­te, und das ganz ohne Fleisch. (Und es hat Ver­wand­te aus ande­ren Ländern.)

Der ergrei­fends­te Film? 2014 war mal so gar kein Kino­jahr. Es war eher ein Will-ich-sehen-ging-dann-aber-doch-nicht-ins-Kino-Jahr. Letzt­lich war ich nur zwei­mal im Kino, sah aber dafür umso mehr in den diver­sen Media­the­ken und bei Net­flix und Ama­zon Instant Video. So gese­hen kann eigent­lich nur ein Film auf die­sem Trepp­chen lan­den, weil bei ihm ein­fach alles stimm­te: „Nichts für Feig­lin­ge“ mit Han­ne­lo­re Hoger und Fre­de­rick Lau. Die Beset­zung, die Geschich­te, die Bil­der, der Sound­track; das war ein Traum. Die Dia­lo­ge waren auf den Punkt gebracht und das The­ma ging mir so nah, da blieb nur eines für die­sen klei­nen Fern­seh­film: ein Platz in mei­nem Herzen.

Die bes­te Musik? Spo­ti­fy sagt, mein Album des Jah­res wäre „Pierre Bou­teil­ler: Requi­em pour Voix d’Hommes“ gewe­sen. Dass es ein schö­nes Album ist und die Musik mich auf unnach­ahm­li­che Wei­se zurück auf den Boden holen kann, sei auch unbe­strit­ten. Aus vie­len Grün­den ist es aber doch ein ande­res Lied: „Rise Like A Phoe­nix“ von Con­chi­ta Wurst. Es steht für so viel mehr.

Das schöns­te Kon­zert? Hald­ern Pop, Melt Fes­ti­val, Rock am Ring? Es kann nur ein wah­res Musik­fes­ti­val geben: Die Tage Alter Musik in Her­ne. Zwar gibt es kei­ne gro­ßen Büh­nen und auch kei­ne Über­nach­tun­gen im Zelt, aber das Pro­gramm ist jedes Jahr hoch­ka­rä­tig und die Prei­se sind deut­lich mode­ra­ter. (Irgend­wel­che Vor­tei­le muss es ja haben, dass ich musi­ka­lisch in so eine Nische krie­che.) Dass ich mir dann mit einem Kir­chen­kri­ti­ker ein Ora­to­ri­um anschau­te: nu. Dass es für ihn der ers­te Aus­flug zu so alter Musik war: nu. Schön war es trotz­dem, oder gera­de des­halb. Der gute Herr Cal­dara wuss­te eben, was er tat, als er da „Mad­da­le­na ai pie­di di Cris­to“ komponierte.

Die inter­es­san­tes­te Aus­stel­lung? Es war nicht viel, aber es war viel. Ams­ter­dam, Rijks­mu­se­um. Viel zu wenig Zeit für viel zu tol­le Male­rei. Allein dafür lohnt sich ein Wochen­en­de in die­ser schö­nen, grach­ten­rei­chen Stadt.

Der span­nends­te Thea­ter­be­such? Da die Aus­wahl hier nicht all­zu groß ist, bleibt mir nur eine Ant­wort: „Viel Lär­men um Nichts“ im Schau­spiel­haus Wup­per­tal nach Shake­speares qua­si gleich­na­mi­ger Komö­die, aller­dings unter­legt mit Büh­nen­mu­sik von Wolf­gang Korn­gold. Was soll ich sagen? Es gab eine Anspie­lung auf die Schlie­ßung des Wup­per­ta­ler Opern­hau­ses als Ensem­ble­thea­ter. Unter­halt­sam war der Abend, kurz­wei­lig war er und ein wenig über­dreht und ste­reo­typ – aber das Body­s­ha­ming hät­te, auch und gera­de als komö­di­an­ti­sches Mit­tel nicht sein müssen.

Der schöns­te Ort? Wup­per­tal. Ohne Wenn und Aber, ohne Ironie.

Das nötigs­te Gad­get? Öfter mal was Neu­es: mei­ne Bril­le. Ohne Bril­le fin­de ich selbst die nicht.

Die wich­tigs­te Erkennt­nis? Don’t be everybody’s darling.

Die unwich­tigs­te, aber wit­zi­ge Erkennt­nis? „Der Dusch­kopf mei­ner Tan­te hat drei Ein­stel­lun­gen: ‚Mas­sa­ge‘, ‚Jet‘ und ‚Pain‘. (War­um ich nicht ohne Bril­le duschen gehe.)“

Das bedeut­sams­te Spiel? Schach. Immer und immer wieder.

Die meis­te Zeit ver­bracht mit …? Gegrübel.

Die schöns­te Zeit ver­bracht mit …? dem Kerl.

Vor­herr­schen­des Gefühl 2014? Gera­de noch ange­neh­me Belas­tung mit unan­ge­neh­men Überforderungsspitzen.

2014 zum ers­ten Mal getan? Für ein Wochen­en­de zum Nach­den­ken an einen frem­den Ort gefah­ren. Brei­sach ist aber auch eine Rei­se wert.

2014 nach lan­ger Zeit wie­der getan? Ange­fan­gen eine Spra­che zu lernen.

Drei Din­ge, auf die ich gut hät­te ver­zich­ten kön­nen? Bli­cke auf mei­nen Kon­to­stand, einen ganz spe­zi­el­len Arzt­be­such und eine selbst­ver­schul­de­te Funkstille.

Die wich­tigs­te Sache, von der ich jeman­den über­zeu­gen woll­te? Dass jemand so viel bes­ser und tol­ler ist als er sich selbst sieht.

Das schöns­te Geschenk, das ich jeman­dem gemacht habe? Ein gemein­sa­mes Weihnachtsfest.

Das schöns­te Geschenk, das mir jemand gemacht hat? Ein Weih­nachts­fest mit dem Kerl.

Der schöns­te Satz, den jemand zu mir gesagt hat? „Soll ich Dich Igel nennen?“

Der schöns­te Satz, den ich zu jeman­dem gesagt habe? „Kann es sein, dass Du mir bekannt vor­kom­men solltest?“

2014 war mit einem Wort? Reich.

Gute Vor­sät­ze für 2015? Weni­ger Gehud­del, mehr direk­te Reaktion.

Foto: c@rljones – CC-BY-NC-SA – flickr.com

1 Kommentar zu „Das war das Jahr, das war: 2014

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