Mein anonymer Zeltnachbar ist schuld. Ohne das kurze Gespräch am Morgen – auch er mit Rad und Zelt unterwegs, wenn auch in Bayreuth gestartet und zurück nach Berlin fliegen wollend – hätte ich wieder den mehr oder minder nicht existenten Ortenau-Weg gesucht. Stattdessen ging ich mal wieder über den Rhein.

Diesmal gönnte ich mir so richtig was. Ich kaufte im an den Campingplatz angeschlossenen Supermarkt nicht nur ein, sondern gleich zwei Brötchen, etwas Marmelade und noch ein paar Kinderriegel dazu. Besser wäre nur ein Überraschungsei gewesen, aber man muss es ja nicht übertreiben. Nach diesem Heldenfrühstück meldete ich mich erst einmal an der Rezeption an, die jetzt endlich auch geöffnet hatte, und freute mich über den Preis, der niedriger als erwartet war – auch wenn die 6,50 € aus Lingenfeld unschlagbar waren. Als ich mich dann fertig gefreut hatte, konnte ich dann auch meine Sachen packen und das Zelt zerlegen, ehe ich den Radweg an den Rhein suchte. Nur so viel: Ich fand ihn mühelos.

Nur wenige Kilometer später war aber auch schon Ende im Gelände, denn schwimmen wollte ich nicht. Welch Glück, dass die Fähre hinüber ins Elsass schon wartete. Welch Pech, dass mich Frankreich direkt man mit einer Straßensperrung empfing. Welch Glück, dass die Umleitung wunderbar ausgeschildert war.
Anders als der hier rechtsrheinisch verlaufende Rheinradweg führt die Véloroute Rhin ein wenig durch die Ortschaften im Hinterland. Genau genommen bilden sie aber nur zwei Seiten der Eurovelo 15. Die linksrheinische Variante erscheint mir aber doch ein wenig spannender, auch weil sie südlich von Strasbourg durch Colmar und Neuf-Brisach führt, wohingegen die rechtsrheinische Variante nahezu ausschließlich am Rheinufer entlang führt.
Doch genug des Exkurses. Schön war die Strecke allemal, nur ein wenig baumarm, was bei diesem wunderbar sommerlichen Wetter – eine Anzeige verkündete 38 Grad, was aber höchstens für direkte Sonneneinstrahlung zutraf. Realistischer waren 28 Grad, aber ohne ein Wölkchen am Himmel und mit nur wenig Wind war es dennoch ein schweißtreibendes Unterfangen. Umso angenehmer wurde es, als die Strecke hinter La Wantzenau in den Wald abzweigte und den Spuren der Piste des forts folgte. Dass sie direkt ins Stadtzentrum von Strasbourg führen sollte, nahm ich da billigend in Kauf. Hätte ich bloß nicht den kurzen Stopp an einer kleinen Lichtung gemacht, die an einem mittelgroßen Bach lag. Versteht mich nicht falsch: Es war idyllisch, das Wasser floss recht schön und vor allem kalt, es war trotz allem recht schattig und hatte sogar zwei Tische. Ich hing auf ein bisschen Traubenzucker meine Füße in das Wasser, machte ein Foto, und ehe ich mich versah, hatte ich die Marke von 50 Mückenstichen am Körper (am Morgen war ich noch bei 44 gewesen) erreicht und überschritten. C’est la vie.

Nicht viel später erreichte ich die ersten Stadtteile Strasbourgs und trotz (oder wegen) meiner nur rudimentären Sprachkenntnisse machte ich ein Polaroid-Foto von drei Freundinnen vor einer Kirche, half einer deutschen Schülergruppe nicht bei ihrem Quiz über das Münster und fand mich – hätte ich nicht schon vorher mal den Turm erspäht – fast unvermittelt vor dem Münster wieder. Nach dem unvermeidlichen obligatorischen Münster-Foto machte ich mich auch schon wieder auf den Weg, in diesem Fall nach Kehl, also wieder zurück ins Rechtsrheinische. Schon wegen der gesamten Verkehrssituation hätte ich darauf verzichten sollen – aber das wusste ich ja vorher nicht.
So stieg ich dort in aller Ruhe in den Zug, ein Ticket hatte ich ja schon (seit etwa 30 Minuten vor der Abfahrt; es lebe der technische Fortschritt).
Der Rest des Tages war dann ausgesprochen harmlos. Mit einem SNCF-Blauwal kam ich nach Appenweier, dort kam nur wenig später ein verkehrsroter DB-Dosto, in Karlsruhe wartete schon ein SÜWEX-Flirt mit Steckdosen am Platz, in Mainz reichten mir die vier Minuten zum Umsteigen, Koblenz war schön wie eh und je, auch wenn der Doppelstock-RE über Neuwied nun nicht unbedingt technisch ein Vergnügen war, war zumindest die Reisebegleitung, bestehend aus mehreren Radlern, die alle einen Bezug zu Radreisen und Wuppertal hatten, es doch. Für die letzten Kilometer ab Köln-Deutz gab es schließlich noch eine besteckdoste und klimatisierte Hamsterbacke von National Express. 400 Kilometer in rund sieben Stunden? Läuft bei mir.
0 Kommentare zu „Urlaub ohne Ziel, Tag 11: Oberbruch–Kehl“