Was gibt es Schöneres an einem sonnigen Samstag im September, als eine Wanderung in Wuppertaler Wäldern zu wagen? Man könnte Eis essen oder durchs Luisenviertel bummeln. Man könnte auf der Hardt picknicken oder durch den Zoo flanieren. Ich tat jedoch nichts dergleichen.
Wohl wissend, dass es ihn nicht gibt, wollte ich den Wupper-Radweg finden. Ich wollte gen Quelle der Wupper reisen, auch wenn sie dort niemand so kennt – und ein paar nette Fotos schießen wollte ich auch noch. Wenn’s mehr nicht ist. Das konnte ja eigentlich nur in die Hose gehen.

Doch es kam anders als erwartet. Das Wetter war und blieb traumhaft warm und sonnig. Meine in Komoot vorher geplante Route erwies sich als erstaunlich gut fahrbar – auch wenn ich mich frage, ob diese mit Treppenstufen bewehrte Brücke wirklich so ideal für ein Fahrrad war. Zum Ausgleich für diesen Patzer war aber der Bahntrassenradweg auf der ehemaligen Wippertalbahn zwischen Hückeswagen und Marienheide ein wahrer Fahrgenuss, obwohl es im Prinzip nur aufwärts ging. Allein Hückeswagen! Diesen Ortsnamen kenne ich nur von meinen Reisen in die Pfalz, und da machten wir stets einen großen Bogen um alles, was nicht Mittelrheintal war und nicht auf der Autobahn lag.

Natürlich wollte ich über Beyenburg fahren, einen der, wenn nicht den beschaulichsten aller Wuppertaler Stadtteile: eine auf einem Bergrücken in einer Flussschleife liegende Siedlung. Einst gewachsen um eine Burg und ein Kloster herum, dessen Kirche das prägnante Erkennungszeichen dieser Siedlung ist, ist Beyenburg inzwischen Ausflugs- und Naherholungsziel geworden, sicherlich auch wegen der dort im Beyenburger Stausee aufgestauten Wupper. Wenn Beyenburg nicht ein Postkartenmotiv ist, dann weiß ich auch nicht.

Von Beyenburg ging es weiter wupperaufwärts, an Remlingrade vorbei, durch Niederdahl und Dahlerau, wo ich zum fünften Mal über die Wupper ging. (Es sollten noch einige Male folgen.) Kurz danach passierte ich Krebsöge und plötzlich fuhr ich über das Wehr der Wuppertalsperre, ein verhältnismäßig unspektakuläres Bauwerk, zumal die Talsperre verhältnismäßig wenig Wasser führte. Danach nahm ich gefühlt so ziemlich jeden der drölfzigtausend Seitenarme der Wuppertalsperre mit und fuhr im Prinzip über jeden Hügelkamm, der dem Wasser nahe kam. Dafür war ich dann aber auch ziemlich allein unterwegs, was nicht nur schweißtreibend sondern auch reichlich atemberaubend war. Hätte ich alles fotografiert, was ich gerne fotografiert hätte, wäre ich niemals an diesem Tag noch in Marienheide, wo ich die Bahn nehmen wollte, angekommen.
Dürfte ich einen Radwanderweg anlegen, führe ich hier sicherlich anders, so schön es auch ist, immerhin würde ich auf einem Radweg gerne fahren und nicht wegen der Steigung oder des Belags schieben müssen.
Hinter der Wuppertalsperre und dem so unberührt wirkenden Übergang am Wehr der Dörpervorsperre warteten noch ein paar Höhenmeter und Kilometer Wuppertalsperre auf mich, bevor es in Hückeswagen auf die zum Radweg umgewidmete Bahntrasse der Wippertalbahn ging. Damit war es dann zwar um die Idylle und die Einsamkeit geschehen, aber der Heißluftballon am Himmel war ebenso Attraktion wie der Segelflugplatz Wipperfürth-Neye, auf dem offenbar Hochbetrieb herrschte. Wann war ich zuletzt so nah dem Segelflug gekommen, und wann war es so unverhofft gewesen?
Selbst Wipperfürth ist eine kleine Erwähnung wert, und sei es nur, weil dort gemeinhin aus der Wipper, wie der kleine Fluss seit der Quelle hieß, die Wupper wird. Ein Hoch auf die Sprachentwicklung! Aber auch die Wand voller Graffiti ist dort zu finden, und das Foto ist nicht einmal sonderlich repräsentativ für die Vielfalt, die es dort zu sehen gibt.

Hinter Wipperfürth wurde der Weg wirklich unspektakulär. Rechts waren Bäume, links waren Bäume, es ging stetig bergauf und hier und da konnte ich noch einen Blick auf die Wupper erhaschen. Ich rauschte mehr oder weniger an Egerpohl, Klaswipper, Ohl, Krommenohl, Schmitzwipper und Oberwipper vorbei und wurde dabei noch von einem Tandem, das eigentlich auch nur ein Rennrad mit Anhänger war (vorne machte Vattern die Arbeit, hinten bewunderte das Kind die Aussicht) mühelos überholt. Völlig unerwartet, obwohl ich es inzwischen schon ersehnte, fand ich mich im Marienheide wieder, wo ich nur noch ein Beweisfoto von der Ankunft machte und mich in aller Ruhe mental auf die Ankunft meines Zuges vorbereiten konnte. Nur eine halbe Stunde später enterte ich mit einer Handvoll Fliegen, die sich nicht von mir trennen wollten, den Zug. An der Wupperquelle war ich nicht, aber das macht nichts. Dieser Samstag war schon schön genug.

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