Ich bin ein Mensch, der ziemlich viel unterwegs ist. Schon zur Arbeit pendele ich jeden Tag anderthalb Stunden pro Strecke, aber auch in meiner Freizeit teste ich gerne die Grenzen aus, die mir mein NRW-Semesterticket ermöglicht. Ich arbeite reichlich und nehme mir auch sonst in der Regel mehr für einen Tag vor als realistisch betrachtet zu schaffen ist. Dass dabei etwas auf der Strecke bleibt, ist wenig verwunderlich, dass das zu allererst ich bin, mein Verdienst. Deshalb, und um einfach auch mal durchzuatmen, nehme ich mir einmal im Jahr für ein Wochenende eine Auszeit – vom Alltag, vom Internet (naja, fast) und überhaupt von quasi allem.
An diesem Wochenende gibt es nur ein Thema: mich. Deshalb mache ich mir für dieses Wochenende auch keine Pläne, außer dem Plan wegzufahren. Im letzten Jahr ging es mehr oder weniger spontan nach Breisach, dieses Jahr führte mich die #IchZeit ins benachbarte Luxemburg, genauer gesagt: nach Echternach.
Echternach? Klingelt da was? Nö. Dass es wohl eine Springprozession gibt, war mir wohl bekannt, aber sonst hatte ich so gar keine Vorstellung. Eigentlich hatte ich ja auch nach Breisach gewollt, weil es mir im Vorjahr dort so gut gefallen hatte, aber da war kein Zimmer mehr frei. Oder war die Zugfahrt zu teuer? Wie auch immer: Ein Ort an der Grenze sollte es sein, einigermaßen gut mit Bahn und Rad erreichbar sollte es sein und eine Jugendherberge sollte dort sein. Somit wurde es Echternach – ein kleiner, an der Sauer liegender Ort in der Kleinen Luxemburgischen Schweiz, die man auch das Müllerthal nennt.
Dass die Kleine Luxemburgische Schweiz so heißt, wie sie heißt, weil sie landschaftlich so ähnlich wie die Schweiz ist, mag sein – ob es so ist, kann ich mangels Erfahrung nicht sagen. Manuel Hubo hat aber ein paar schöne Fotos. Das ändert aber nichts daran, dass die Region um Echternach sehr unterschiedliche Ansichten bietet, von Ortschaften im Tal der Sauer bis hin zu wirklich steilen Berghängen, wobei die Berge nun auch wieder nicht so hoch sind.
Tag 1
Am Samstag, dem 21. März 2015, um halb acht morgens ging es los; erst mit der S‑Bahn nach Düsseldorf, dann mit einem Schweizer EuroCity nach Koblenz und dann mit dem nagelneuen RE1, der jetzt unter der Marke SÜWEX geführt wird, nach Trier. Diese Bahnfahrt war absolut problemlos. Die S8 nach Düsseldorf ist zwar mit dem Rad eine Zumutung, aber dafür entschädigten der EuroCity und vor allem der RE1 sehr. Der EC hatte nämlich in jedem Waggon mehrere Fahrradstellplätze und der RE1 ein ausladendes Mehrzweckabteil, reichlich Tische und Steckdosen an diesen. Hätte er noch WLAN gehabt, das wäre wohl zu viel des Guten gewesen.
Wie auch immer: Ab Trier ging es mit dem Rad weiter; erst quer durch Trier, um einen Brief bei Nicolas einzuwerfen, der seit Oktober 2014 dort lebt, danach weiter an der Mosel entlang an Igel vorbei bis nach Wasserbilligerbrück, von wo ich – mit einer kleinen Abkürzung vor Rosport – dem deutsch-luxemburgischen Grenzfluss Sauer auf der luxemburgischen Seite auf einem ziemlich guten, asphaltierten Radweg folgte. Erst in Echternach selbst wurde es baustellenbedingt ein wenig chaotisch, aber letztlich fand ich die ziemlich neue Jugendherberge, die idyllisch am Lac d’Echternach liegt, doch.
Nach dem Einchecken und Ankommen machte ich erst einmal die Stadt unsicher – wobei: so groß ist Echternach jetzt auch nicht, dass man da viel unsicher machen könnte, und so viel los war Ende März auch noch nicht. Die Gallo-römische Stätte hatte noch geschlossen, die Basilika wollte ich nicht besichtigen, und jenseits der Brücke über die Sauer (also genau genommen im deutschen Echternacherbrück) war tote Hose. Für ein erstes Akklimatisieren war es aber genau richtig, denn mehr hatte ich mir für den Sonntag vorgenommen.
Tag 2
Der Sonntag begann mit einem reichhaltigen Frühstücksbüffet, und das sollte ich auch brauchen. Denn nach einigen Überlegungen am Vortag hatte ich mich dazu entschlossen dem PC2 bis nach Luxemburg Ville zu folgen. Vereinfacht gesagt bedeutete dies nichts weiter als gemütliches Bahntrassenradeln. Vereinfacht gesagt, denn genau genommen verläuft der PC2 auf den Spuren der ehemaligen Kleinbahn „Charly“ und somit deutlich hügeliger als ich gedacht hatte. Zunächst ging es nämlich stetig bergauf quer durch das Müllerthal mit seinen bewaldeten Felsformationen und den dortigen Grand Canyon (was jetzt eindrucksvoller klingt als es tatsächlich war). Oben angekommen, endete auch schon der Wald und wurde abgelöst durch eine landwirtschaftlich genutzte Hügellandschaft. Ich fühlte mich sehr an die Nordpfalz rund um den Donnersberg erinnert. Mal ging es hinauf, dann wieder hinab, immer schön quer zu den Hügelketten und ehe ich mich versah, war ich auf dem Kirchberg-Plateau im Europaviertel Luxemburgs angelangt und rollte auf dem Boulevard Konrad Adenauer am Europäischen Gerichtshof vorbei. Auf der Rout Bréck überquerte ich das Tal der Alzette und erreichte schließlich das Stadtzentrum Luxemburgs. Nach ein paar Ründchen durch das Straßendickicht stellte ich mein Rad schließlich am Hauptbahnhof ab und machte mich zu Fuß auf die Suche nach einem anständigen Restaurant, immerhin war es Zeit fürs Mittagessen.
Als anständiges Restaurant erwies sich letztlich das das Restaurant „La Fontaine“ am Place de Paris, nur zehn Minuten vom Bahnhof entfernt, wo ich mich für ein typisch luxemburgisches Gericht entschied: Judd mat Gaardebounen. Auch wenn ich auf Französisch bestellen mussten, haben es alle Beteiligten überlebt … naja, fast; das Schwein war aber schon tot.
Wo ich schon mal saß, nutzte ich die Gelegenheit, um mal schnell ein paar Postkarten zu schreiben: Erst danach begab ich mich wieder in die Vertikale und machte die Stadt vorerst ein letztes Mal unsicher, wobei das auch weniger aufregend war als es klingt, da ich ja auch irgendwann und irgendwie wieder zurückfahren musste. Da ich aber schon mal in Luxemburg Stadt war und zufälligerweise die Kamera dabei hatte, schoss ich hier und da noch ein paar Fotos (ein Hoch auf die sehr spezielle Geografie Luxemburgs), bevor ich endgültig wieder auf dem Sattel saß und mehr oder weniger auf demselben Weg wie noch vormittags zurück gen Echternach fuhr. Was vorher Steigung gewesen war, wurde nun zum Gefälle, was die letzten gut zehn Kilometer dann doch sehr angenehm machte.
Tag 3
Mein letzter Tag in Echternach begann erneut mit einem ruhigen Frühstück und dem entspannenden Blick auf den Lac d’Echternach, der sein Wasser in Schwaden an die Luft abgab. Mit mir waren zu Beginn vielleicht zehn Menschen in dem großen Speisesaal, später kam noch eine Gruppe Radfahrer dazu, doch da war ich gedanklich schon beim Auschecken. Die Rückfahrt nach Trier verlief genauso unspektakulär wie die Hinfahrt; mal wieder war ich fast der einzige Radfahrer unterwegs.
In Trier schließlich traf ich mich mit Nicolas auf ein Eis, bevor die Bahn mich zurück nach Wuppertal brachte.
Waren diese drei Tage #IchZeit zwar ganz anders als im sie es im Vorjahr in Breisach gewesen waren, so brachten sie mir doch das, was ich mir erhofft hatte: neue Landschaften und ein bisschen Klarheit. Auf bald, du abwechslungsreiches Luxemburg.
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