Eigentlich hatte alles ganz anders geplant. Eigentlich war ich gut vorbereitet. Ich hatte mich schon Wochen vorher eingelesen, hatte überlegt und verworfen, was ich in diesen Urlaub alles mitnehmen wollte, hatte meine Taschen ein‑, aus- und umgepackt, bis ich dachte an alles gedacht zu haben und war am Abend vorher sogar mal zeitig ins Bett gegangen – und dann kam alles doch ganz anders. Aber von vorn!
Für den Sommer 2017 hatte ich mir vorgenommen, es mal mit Bikepacking zu versuchen. Damals (was auch schon wieder dreieinhalb Jahre her ist) war das noch verhältnismäßig unbekannt, zumindest in der deutschsprachigen Welt – was aber auch kein Wunder war, ist „bikepacking“ doch ein englisches Wort. Wie auch immer: Ich hatte diverse Blogs und Foren durchwühlt und mir daraus zusammengereimt, was und wie ich wohl so packen sollte, und wollte einfach anfangen. Ein Tarp von Decathlon sollte es tun, der Kosten wegen. Die mitgelieferten Stangen hingegen wollte ich durch Trekkingstöcke ersetzen, des Gewichts wegen. Für die Mundhygiene sollte mir eine einfache Reisezahnbürste dienen, für die Magenpflege ein Spirituskocher von Trangia. Anders gesagt: Ich wollte es weder zu kompliziert noch zu teuer noch zu minimalistisch. Gewicht sparen: ja. Verzichten: nein.
Dass auf dem Weg zu der Erkenntnis eine ellenlange Tabelle lag, in die ich Gepäckstücke und ihre Gewichte ein- und austrug, bis am Ende Zahl stand, die ich vertretbar fand, lasse mich besser unter den Tisch fallen.
Wie auch immer: Ich hatte also gepackt. Mein Rad war in einem guten Zustand. Ich hatte ausgeschlafen. Jetzt musste ich nur noch acht Stunden arbeiten und wäre dann pünktlich um 17 Uhr, vielleicht auch erst um fünf nach Fünf auf dem Rad und auf dem Weg in den Urlaub. Naja. Die Idee war gut, die Umsetzung nicht. Letztlich wurde es halb Acht. Zwischen dem Plan und der Realität lagen ein Feierabendbierchen (genauer: ein Radler für den Radler) und ein paar lockere Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen. Alles halb so schlimm, dachte ich, immerhin war ja Sommer und die Sommersonnenwende stand kurz bevor. Es würde also lange hell bleiben – und zumindest damit sollte ich recht behalten. Helfen würde es mir am Ende aber dennoch nicht.
Ein Gutes hatte diese kleine Verzögerung im Betriebsablauf aber doch: Der Feierabendverkehr hatte sich bereits in Wohlgefallen aufgelöst. Es blieb nur noch der alltägliche Kampf ums Überleben und irgendwie überstand ich ihn doch und konnte Düsseldorf hinter mir lassen, nur um nach Neuss einzufahren. Der Kampf um den Platz auf der Straße wurde deutlich entspannter, die Qualität des Fahrbahnbelags ließ allerdings im gleichen Maße nach. Insofern war es wohl das Beste für alle Beteiligten, dass ich nicht in Neuss blieb, sondern mir meinen Weg nach Südwesten suchte und ihn an der Erft fand.
Für die nächsten Kilometer blieb es also flach und sandig geschottert. Auf Neuss folgten in loser Folge Grevenbroich, Frimmersdorf und Bedburg und während es langsam immer dunkler wurde und der Himmel sich vom hellen Blau über Orange, Rot und Violett dem Dunkel näherte, wurde das Land noch flacher, bis sich links von mir ein einziger Hügel auftat: die Sophienhöhe – beziehungsweise das, was der Braunkohle-Tagebau Hambach (ja, der mit dem Hambacher Wald; #HambiBleibt) von ihr übrig gelassen hatte. Dort wollte ich mein Lager aufschlagen. Einfach so. Viel sehen konnte ich ohnehin nicht mehr, und so hoffte ich darauf, dass man mich und mein mattgrünes Tarp hinter einem massiven Felsen nicht sähe, wenn ich dort für ein kurzes Nickerchen im hohen Gras verweilte.
Nur so viel: es klappte, aber wirklich erholsam war die Nacht nicht. Auf Adrenalin schlafe ich wohl recht schlecht.
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