Am vierten Tag sollte die Jagd auf Bier endlich Ergebnisse zeigen, aber auch der Wein kam nicht zu kurz. Erst war ich in Balkonien, danach in einer Gerümpelstube, aber am Ende kam ich doch in einem Zelt zu liegen.
Die Tour
Der Dienstag begann (wenn man vom sonnenaufgangsbedingten kurzfristigen Aufwachen um fünf Uhr mal absieht) mit einem wie üblich ausladenden Jugendherbergsfrühstücksbüffet und dem obligatorischen Gespräch mit den anderen Einzelreisenden, als da waren ein trampender und wandernder Recklinghäuser auf dem Weg nach Heidelberg und eine Frau, die vom Oberrhein kommend steigungsarm in Richtung Bad Godesberg radeln wollte. Und da soll einem die Welt nicht wie ein Dorf vorkommen!
Whatever. Gebunden an die Auscheckzeiten brach ich gegen zehn Uhr bei schönstem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen auf und hielt mich zunächst mal an den Rhein. Auf dem Weg nach Süden ist das nie verkehrt. Erst in Ludwigshafen trennte ich mich von Väterchen Rhein und schlängelte mich an Edigheim und Oppau am Stadtzentrum vorbei nach Oggersheim (die Kohl-Biografen werden nun wissend nicken), von wo es theoretisch für die nächsten knapp zehn Kilometer nur noch geradeaus hätte gehen sollen. Faktisch musste ich mich vor Oggersheim erst einmal um die Bremsen meines Rades kümmern. Zehn Minuten Zwangspause – was tut man nicht alles für ein bisschen Verkehrssicherheit? Erst danach ging es geradewegs durch Oggersheim.
Schon im nächsten Ort war aber erneut Pause. Maxdorf – ein kleiner, malerischer Ort, idyllisch gelegen und von der viel befahrenen Mannheimer Straße zerschnitten – wartete auf mich, genauer gesagt: der dortige Getränkemarkt, der meine Backup-Lösung für die Bierversorgung gewesen war und auch werden sollte. Bis auf eine Flasche bekam ich dort alles, was ich bekommen wollte, und sogar noch ein bisschen mehr. Letztlich fuhr ich mit gut und gerne acht Kilo mehr Gepäck fortan weiter, doch zunächst ging es nur zurück an die Mannheimer Straße, wo ich beim Bäcker Görtz meine Mittagspause einlegte.
War es bis dahin sonnig gewesen, fing es nun mal wieder an zu schauern – aber da ich damit gerechnet hatte, war das kein Problem. Ich sprang in die Regenplünnen und weiter ging es, wobei ich nicht weit kam, denn kurz hinter Birkenheide hatte sich das Schauerchen zu einem Platzregen mit Wasser aus allen Richtungen ausgeweitet, weswegen ich mich kurzzeitig in einen Busch verschlug. Danach aber wurde es wieder sonnig; ich fuhr einmal quer durch Bad Dürkheim und im Anschluss daran direkt durch Wachenheim. Der dortige Campingplatz lag ein wenig außerhalb im Burgtal, aber trotzdem war ich zu früh da. Wer rechnet auch damit, dass auf dem Land noch die gute Tradition der Mittagspause gepflegt wird, zumal in einem Arbeitsfeld, das nicht Aufmerksamkeit rund um die Uhr erfordert? Ich. Insofern hatte ich ein paar ruhige Minuten, in denen ich den Kiefern einfach mal beim Herumstehen zuschauen konnte, ehe einen Schlüssel für die Sanitäranlagen und ein Fleckchen Erde zum Zelten zugewiesen bekam, gleichwohl diese eine Parzelle gut und gerne noch ein Dutzend weiterer Zelte problemlos verkraftet hätte.
Nach dem üblichen Ankunftsritual beschloss ich ob der Frühe der Stunde die nähere Umgebung ein wenig zu erkunden. Bislang war mir dieser Teil der Pfalz noch ziemlich fremd und auf dem Hinweg zum Campingplatz hatte ich einen Wegweiser zur Wachtenburg gesehen, weshalb sie mein erstes Ziel war. Dass die Wachtenburg (von der bis auf einen Turm nur noch Ruinen stehen) als „Balkon der Pfalz“ gilt, war mir, bis ich auf ihrem Turm stand, nicht bekannt, aber wer erst einmal die Stufen auf die Aussichtsplattform hinauf gestiegen ist, wird sich fragen, warum Urlaub in Balkonien so unbeliebt ist, denn die Aussicht über Wachenheim war atemberaubend.
Von der Wachtenburg aus gibt es nur eine Richtung: abwärts. Da ich noch nicht zurück auf den Campingplatz wollte, lief ich bergab nach Wachenheim, wo ich zu Abend speisen wollte. Dem guten Internetempfang auf der Wachtenburg sei Dank, dass ich sogar ein paar Restaurants zur Auswahl hatte, die nicht auf den ersten Blick zu sehen waren, und letztlich war einer dieser Tipps sogar Gold wert, denn er verschlug mich in die Gerümpelstube. Von außen sah sie wie ein uriges Weinlokal aus, von innen auch. Es wirkte ein wenig altmodisch und verstaubt, aber auf den zweiten Blick war es vor allem stilvoll – und was sich für Gerümpel hielt, war genau genommen ziemlich bewusst angeordnet. So gesehen war das Personal auch nur auf den ersten Blick ein Kontrastprogramm; jung, freundlich, humorvoll und im besten Sinne auf Zack lasen sie mir und auch den anderen Gästen gefühlt jeden Wunsch von den Lippen ab, noch bevor wir wussten, dass wir diesen Wunsch würden haben werden. Die Gerichte waren regional und saisonal ausgerichtet, die Weinkarte umfangreich; selten, wenn nicht sogar noch nie, haben ich so gut für so kleines Geld gespeist. Da war mir die halbe Stunde Fußweg zurück zum Zelt schlichtweg egal.
Nur ein Manko musste ich Wachenheim zuweisen: Es gab keine schönen Postkarten. Aber dafür konnte die Gerümpelstube nun mal so gar nichts.
Die Route
Korrektur
Die Burg bei Wachenheim heißt natürlich Wachtenburg. Ich habe das im Text korrigiert. Danke für den Hinweis, Marcus.
2 Kommentare zu „Craftbier-Expedition durch Weinland-Pfalz – Der Jackpot haust in einem Dorf“