Schon wieder ist ein Jahr um. Da es sich so eingebürgert hat, dass „alle Welt“ dies zum Anlass nimmt, um kurz so zu tun als hielte man inne und blickte zurück, um danach genauso weiterzumachen wie zuvor, will ich mich diesem Reigen anschließen. Insofern muss ich mich selbst zitieren: Jahresrückblicke sind eigentlich per definitionem doof.
Um aus dem Irrsinn aber etwas Sinn zu geben, habe ich beschlossen, nicht einfach zurückzublicken, sondern auch Konsequenzen zu ziehen – zumindest ist das mein Plan. Wie 2016 wird, kann ich also nicht sagen. Wie der Jahresrückblick wird, weiß ich aber recht gut … (… sagte er, bevor er tatsächlich schrieb, was Ihr nun lesen könnt). Ich habe also den Rückblick von 2014 (siehe auch: 2013, 2012) wieder aus der Garage geholt, ihn gereinigt und gefettet und die alten Antworten durch neue ersetzt. In diesem Sinne: Abfahrt!
Mehr Kohle oder weniger? Weniger. Ich bin einfach zu alt für Rente.
Mehr ausgegeben oder weniger? Was an Umzug und Disneyland dieses Jahr nicht stattfand, ging unter anderem in ein neues Fahrrad samt Gedöns. Unentschieden, würde ich sagen.
Mehr bewegt oder weniger? Da wird sich wohl nicht viel getan haben. Mein Fahrradtacho sagt was von knapp 3.000 Kilometern.
Der schönste Moment? Pause auf Burg Sooneck. Ein knappes Stündchen mit der damals noch Burgenbloggerin und einem grandiosen Ausblick über das Mittelrheintal machte die ganzen bis dahin erlittenen Qualen meiner diesjährigen Frühsommerradtour völlig vergessen.
Das eindrücklichste berufliche Erlebnis? Redesign und Neustrukturierung einer Zeitschrift im laufenden Gestaltungsprozess. Muss nicht noch einmal sein, wird es aber auch nicht, weil die Arbeit ja jetzt getan ist. War aber nötig.
Der hirnrissigste Plan? Meine Craftbier-Expedition durch Weinland-Pfalz. Wie kann man nur so unorganisiert verreisen? (Well. Ich würde es jederzeit wieder tun, auch in anderen Regionen.)
Die gefährlichste Unternehmung? Wenn ich so zurückblicke, war 2015 eigentlich erschreckend ungefährlich. Eigentlich.
Der beste Sex? Jou.
Die teuerste Anschaffung? Ein neues Fahrrad mit angenehmerer Geometrie, Scheibenbremsen, mehr Gängen, weniger Gewicht und einer schöneren Optik samt reisetauglicher Grundausstattung.
Das leckerste Essen? Pfälzische Küche in der Gerümpelstube. Jederzeit wieder.
Das beeindruckendste Buch? Jens Franke: 100 Tage Heimat, denn es inspiriert mich zu so vielen Dingen: zu mehr Reisen, längeren Reisen, weniger Planung, mehr Fotos und so weiter und so fort.
Der ergreifendste Film? Gesehen habe ich so einige Filme, aber ergreifend waren die wenigsten. „Frau Müller muss weg“ war heiter, „Spy“ ebenso wie „Minions“, und „Spectre“ war zumindest noch unterhaltsam, doch ergreifend war nur „Woman in Gold“, wenngleich auf sehr konservativ-hollywoodeske Art und Weise – aber Helen Mirren kann auch alles spielen. Bonuspunkte bekommt der Film aber auch für Nina Kunzendorf, Ryan Reynolds und Ludger Pistor.
Die beste Musik? „Im Schneckenhaus“ von Joris. Eingängig, einfühlsam, ein treffender Text und eine singbare Melodie; diese Song hat mich auf so vielen Ebenen erreicht, dass es keine andere Wahl gibt.
Das schönste Konzert? Genau genommen war es nur eine Wiederholung, von der ich die originale Aufführung gesehen hatte, aber das ist mir so egal, denn bei der diesjährigen Auswahl steht „Xerxes“ der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf unangefochten auf Platz 1. Händels Oper mal zweisprachig, deutsch-italienisch und bisweilen auch berlinernd, dazu voller Countertenöre und das ganze mit einer Last-Minute-Karte – was für ein grandioser Schnapper!
Die interessanteste Ausstellung? Alles, was ich in diesem Jahr an Ausstellungen sah, sah ich an einem Tag, nämlich im Fotomuseum Antwerpen. Von den drei Ausstellungen ist eine folglich für mich die interessante Ausstellung des Jahres. „The Precision of Silence“ ist eine Werkschau der Bilder von Jeffrey Silverthorne und zeigt, wie nah er an alles Menschliche heran tritt. Dass dabei Sex, Tod und das Altern in den Mittelpunkt rücken, ist wenig verwunderlich; die Art und Weise, wie er dem näher kam, hat mich sehr beeindruckt.
Der spannendste Theaterbesuch? … Sie sahen: nichts. Shame on me. Dafür habe ich für Januar schon zwei Dates mit den Wuppertaler Bühnen. Das ändert aber nichts an der bescheidenen Ausbeute des abgelaufenen Jahres.
Der schönste Ort? Wachenheim, Wachenburg, allein wegen des Ausblicks.
Das nötigste Gadget? Um mal nicht immer die Brille zu erwähnen, will ich dieses Mal meine jüngste Powerbank loben, denn sie hat viel Saft, Solarzellen auf dem Dach, einen Karabiner, zwei USB-Anschlüsse und eine weiße LED. Für längere Radtouren ist sie nicht die allerschlechteste Wahl. Wenn sie jetzt noch wasserfest wäre.
Die wichtigste Erkenntnis? Besser ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.
Die unwichtigste, aber witzige Erkenntnis? Was wenig bringt: die externe Festplatte ins Licht zu legen, wenn man den solar befüllbaren Akku aufladen will.
Das bedeutsamste Spiel? Rummikub. Wenn etwas meine Familie zusammenbringt, dann das.
Die meiste Zeit verbracht mit …? … meinem Bett.
Die schönste Zeit verbracht mit …? … meinem neuen Fahrrad.
Vorherrschendes Gefühl 2015? Sprachlosigkeit.
2015 zum ersten Mal getan? Jemanden auf einer Burg besucht.
2015 nach langer Zeit wieder getan? In einem Chor gesungen.
Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten können? Kein. Kommen. Tar.
Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte? Dass jegliches Ausreißen aus dem Grundlinienraster intolerabel ist.
Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe? Gemessen an den Reaktionen: ein Thermobecher mit einem Eisbär.
Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat? Dass jemand weiter zu mir steht.
Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat? „Aber Hendryk, du bist doch mitten in einer depressiven Episode.“
Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe? „Episode? So ein Blödsinn! Das ist ne ganze Staffel!“
2015 war mit einem Wort? Turbulent.
Gute Vorsätze für 2016? Weniger in den Bart grummeln, mehr laut aussprechen.
Foto: Oliver Kramer – CC-BY-NC-ND – flickr.com
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